Der schweizerische Bundesrat hat es offenbar auf die Gastronomie abgesehen, die bei den Lockerungen des Lockdown leer ausging.
by Urs Seiler | 5. März 2021
Aber auch die Veranstaltungswirtschaft wird auf Pressekonferenzen immer noch spärlich behandelt und kaum erwähnt. Jedoch ist die Gastrobranche immerhin in den Medien ein Dauerthema und damit im Bewusstsein der Öffentlichkeit.
«Wir sind immer ein bisschen auf dem Abstellgleis, wenn es euch nicht mehr gäbe, wäre das nicht so schlimm» mutmaßt ein Messebauer am fünften Messebautalk über den politischen Diskurs. Konsequenz: «Das Lobbying in Bern muss weitergehen, es muss verstärkt werden und unser Branchenverband Expo Event Swiss Live Com Association muss dafür in Zukunft ein höheres Budget bereitstellen.»
Wer jetzt noch da ist hat gute Chancen
Wer jetzt noch da ist respektive die nächsten Monate finanziell durchstehen kann, der hat gute Chancen, die Coronakrise zu überstehen.
Eines der größten Messebauunternehmen hat für 2021 ein Buchungsportfolio von über 10 Millionen Franken von Ausstellern. Von verschiedenen großen Messen, die im 2021 oder 2022 stattfinden sollen, haben sämtliche (!) Kunden ihre Auftritte aus den Vorjahren erneuert. «Auch alle Ausbildungsmessen, an denen wir als Dienstleister aktiv sind, sind auf grün gestellt, sie sollen im 2021 wieder stattfinden und ihre Aussteller wollen wieder teilnehmen.»
Im Januar 2022 findet in Basel eine der ganz großen Messen, die Swissbau, statt. Sie ist eine Art Gradmesser, wie es in der Schweiz mit Fachmessen weitergeht. Der Tenor des Messebautalks geht dahin, dass auch sie maßgebend kleiner werden wird. Einen Einfluss wird haben, ob die Maskenpflicht bis im Januar 2022 bestehen bleibt. Im anderen Fall müssen sich Messeveranstalter, die übrigens zu den Ersten und Besten gehörten in der Entwicklung von Schutzmaßnahmen, etwas einfallen lassen, zum Beispiel die Etablierung von Zeitfenstern, für die sich MessebesucherInnen einschreiben müssen.
Ein großer Messebauer erwähnt, wie seine Gruppe Streamings entwickelt zur Flankierung von Messeauftritten. Aber der Anspruch der Kunden sei unheimlich groß, erwartet werde eine Qualität wie bei Netflix. Und: den Kunden sei kaum bewusst, dass digitale Ersatzmedien finanziell nicht weniger aufwendig sind als ein klassischer Messeauftritt.
Das Bedürfnis nach digitaler Flankierung sei die eine Seite der Medaille, brachte ein anderer Messebauer ein, aber ein vollständiger Ersatz eines Messeauftritts durch Digitalität würde es nicht geben. Die berühmte 365-Tage-Messe ist eher eine Aufgabe der Messeveranstalter. Deren Kerngeschäft ist es, Anbieter und Nachfrage zusammenzubringen – und ihnen einen 365-Tage-Dialog zu ermöglichen.
Eine klare Aussage lautete: Hybride Marketingevents bleiben – ein hybrider Messeauftritt aber nicht.
Entlassungswelle geht weiter
Seit dem 1. März 2020 besteht für Messebaufirmen und Eventdienstleister praktisch ein Berufsverbot. Durch den Zusammenbruch ergab sich ein Entlassungsprozess, der noch nicht abgeschlossen ist, aber in den ersten Wochen im 2021 neue namhafte Firmen erfasst hat.
«Es geht jetzt zu lange, bis wir wieder normal arbeiten könnten, wenn wir heute wüssten, dass ab Mai 2021 das Veranstaltungsverbot aufgehoben oder gelockert würde, wäre das ein wichtiges Signal, auch für die psychische Erholung der Branche.»
Das Veranstaltungsverbot führt auch zur absurden Situation, dass die Entlassungswelle weiter geht, gute Freelancer aber trotzdem kaum zu finden sind. Ein Grund liegt darin, dass sich in Kurzarbeit befindende Branchenangehörige nur schwer zu einem «Wiedereinstieg» bewegen lassen - oder dass sie bereits die Branche gewechselt haben, weil ihnen die Zukunft der Messewirtschaft und damit ihre Arbeitsplatzsicherheit zu ungewiss geworden ist.
Fazit: Aufschwung beginnt im Kopf
Aufschwung beginnt im Kopf. Für eine Wiederaufnahme von Veranstaltungen, Messen, Events müsse jetzt der Knoten in der Öffentlichkeit, in der Politik, in der Wirtschaft platzen. «Ende Mai 2021 muss es endlich wieder losgehen, das Veranstaltungsverbot aufgehoben werden.»
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