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«Es liegt an der Veranstaltungsbranche, den politischen Druck hoch zu halten!»

Der Schutzschirm deckt ungedeckte Kosten. Die Kurzarbeit muss weiter gehen. Die Expo Event Generalversammlung findet virtuell statt. Christoph Kamber, Präsident Expo Event, beantwortet brennende Fragen zur Veranstaltungsbranche.


by Christoph Kamber | 4. Mai 2021


Christoph Kamber, Großveranstaltungen sollen ab 1. Juli 2021 mit bis zu 3000 Personen, ab 1. September mit bis zu 10'000 Personen wieder möglich sein unter der Voraussetzung, dass die epidemiologische Lage das zulässt. Aber was nützt das einer Olma vom Oktober mit 350'000 BesucherInnen?

Die genannten Rahmenbedingungen befinden sich im Moment in der Vernehmlassung bei den Kantonen und ausgewählten Branchenverbänden. Wir haben die Möglichkeit, diese zu kommentieren und auf Schwachstellen hinzuweisen. Somit ist das noch nicht entschieden.


Expo Event hat den Bund explizit auf die Situation von Messeveranstaltern hingewiesen und aufgezeigt, dass unter den definierten Bedingungen viele Veranstaltungen im Herbst nicht durchgeführt werden können. Ich hoffe, die Botschaft ist angekommen.


Wir lesen es alle täglich, die Impfkampagne nimmt Fahrt auf und es besteht die Hoffnung, dass wir im Herbst eine ausreichende Quote von Geimpften und Genesenen haben werden. Ich bin zuversichtlich, dass die Olma zumindest aus epidemiologischer Sicht durchgeführt werden kann. Damit der ebenfalls nötige politische Wille da ist, liegt es mitunter an der Veranstaltungsbranche, hier den Druck hochzuhalten.


Am 19. März hat der Bundesrat den sogenannten «Schutzschirm» zur Beteiligung an nicht gedeckten Kosten von Veranstaltern im Falle der Absage einer bewilligten Veranstaltung bestimmt. Welche Kosten sind hier gedeckt?

Der Schutzschirm übernimmt die ungedeckten Kosten, welche bei einer behördlichen Absage, Verschiebung und neu auch einer möglichen reduzierten Durchführung übrig bleiben. Auch die geleisteten Arbeitsstunden des Projektteams sind hier inkludiert und gelten als Projektaufwand und können somit als «Schaden» deklariert werden.


Was ist mit dem Unternehmerlohn eines Drittveranstalters ohne eigenes Messegelände? Entfällt der völlig?

Wenn ein möglicher Projektgewinn als Unternehmerlohn bezeichnet werden würde, wäre dieser nicht «versichert».


Inwiefern hat der Schutzschirm zu dem so dringend notwendigen Signal für Veran-stalter, für Messedienstleister und für Eventagenturen – und auch der werbe-treibenden Wirtschaft geführt? Inwiefern ist hier Erleichterung spürbar?

Die effektive Formulierung des Artikels 11a im COVID-Gesetz wurde in der Einigungskonferenz nach langem hin und her zu unseren Ungunsten formuliert und verabschiedet. In der nun folgenden Verordnung versuchen wir den «Schaden» zu reduzieren. Unser Vorschlag orientierte sich am funktionierenden Schutzschirm aus Österreich, welcher einiges pragmatischer strukturiert, zentral organisiert und rasch umsetzbar gewesen wäre. Das ist eben Politik und damit müssen wir klar kommen und entsprechend lobbyieren. Die gewünschte «Erleichterung» ist noch nicht eingetreten, da viele Umsetzungsdetails noch nicht geklärt sind.


Welche Kosten der Veranstalter sind gedeckt, zum Beispiel die laufenden Kosten für Saläre, Unterhalte von Messehallen, weitere? Oder handelt es sich nur um effektiv bezahlte Rechnungen?

Es werden die effektiv entstandenen Kosten berücksichtigt. Der Veranstalter hat eine «Schadenminderungspflicht» und ist angehalten, die Verpflichtungen so einzugehen, dass der Schaden so klein wie möglich gehalten wird. Bei einem Schadenfall, werden die ausgehandelten Annullationsbedingungen berücksichtigt.


Eine Bewilligung für die Durchführung von Messen und Events muss mindestens zwei Monate vor einem Anlass erteilt sein. Aber da bestehen zum Beispiel für Messen noch gar nicht die notwendigen Klarheiten über Größe der Messe, Hallenpläne etc. Veranstalter und Dienstleister monieren deshalb, dieser sogenannte Schutzschirm sei eher eine öffentlichkeitswirksame PR-Maßnahme als eine wirkliche Hilfe. Was hörst Du dazu von den Mitgliedern von Expo Event respektive von den übrigen Veranstaltungsverbänden wie SMPA, SVTB?

Diesen Punkt haben wir ebenfalls moniert und mittlerweile geklärt. Das SECO und das BAG haben diesen Punkt aufgenommen. Mittlerweile sprechen wir von einer nötigen «gesundheitspolizeilichen Bewilligung» welche für den Antrag «Schutzschirm» nötig ist und nicht von einer klassischen Veranstaltungsbewilligung, welche ja in der Regel erst kurz vor der Veranstaltung erteilt werden kann.


Diese Bewilligung orientiert sich an der sich in der Vernehmlassung befindenden Verordnung zu den Maßnahmen und Rahmenbedingung «besondere Lage» des Covid-Gesetzes. Auch hier sind wir dabei, das Verständnis zu schärfen, die Veranstaltungsformate zu differenzieren und entsprechend passende und praktikable Vorgaben in den Verordnungen aufzunehmen.


Der Bund wäre im Bewilligungsfall bereit 50% der Kosten zu übernehmen, wenn der die Bewilligung aussprechende Kanton die anderen 50% übernimmt. Aber in den Kantonen fehlt eine entsprechenden gesetzliche Grundlage, um Entschädigungen zu sprechen. Ist diese Kostenteilung ein Rohrkrepierer oder welche Erleichterung kann er einem Veranstalter wirklich bringen?

Das ist in der Tat ein größeres Problem und wurde vom Ständerat so bestimmt. Mit etwas Recherche hätte man wissen können, dass die Kantone die nötigen Rechtsgrundlagen oft gar noch nicht haben und diese erst erarbeitet und von den Kantonalen Parlamenten angenommen werden müssen. Gemäß einer Recherche des Tagesanzeigers sind per heute erst drei Kantone bereit für eine unverzügliche Umsetzung. Gemäß Informationen des SEKO sind viele aber bereits dabei, diese Grundlagen zu erarbeiten.


Die Forderung des EXPO EVENT-Verbandes lautete aus diesem Grund, den Schutzschirm auf Bundesebene zu belassen und somit weder wettbewerbsverzehrende Vorbehalte aufkommen zu lassen in Form von ungleicher Behandlung und Kriterien noch prozessuale Verzögerungen in Kauf nehmen zu müssen. EXPO EVENT und die befreundeten Verbände von Veranstaltungsorganisationen lobbyieren somit aktuell bei den Kantonen, damit wir hier rasch vorwärts kommen.



Wie werden Aussteller auf im Fall einer Nicht-Durchführung entschädigt für ihre Vorarbeiten?

Eine «Entschädigung» für Aussteller ist durch den Schutzschirm nicht vorgesehen. Das beste Mittel ist daher, Rahmenbedingung zu schaffen, welche eine Durchführung unter akzeptablen Maßnahmen möglich machen. Das Vertrauen in den Veranstalter und die effektive Durchführung einer Messe ist essenziel, damit sich Aussteller entscheiden, die Messeplanung wieder aufzunehmen.


Welche Veranstaltungen mit Schutzschirm wurden in der Schweiz schon bewilligt?

Per heute wurde noch keine Veranstaltung unter den «Schutzschirm» gestellt, da die nötigen Verordnungen noch nicht erstellt beziehungsweise vom Bundesrat abgesegnet worden sind. Das ist die Voraussetzung, damit überhaupt gestartet werden kann. Gemäß Art. 11a. ist dies theoretisch möglich ab dem 01. Juni 2021. Der Bund wird seinen Verpflichtungen bis dahin vermutlich nachkommen können. Ob dann auch die Kantone so schnell sind, wage ich in vielen Fällen zu bezweifeln.


Eine große Sorge der Branche besteht in der noch nicht erfolgten Verlängerung der Kurzarbeit, die vielerorts im September 2021 endet, von 18 auf 24 Monate. Wie muss es hier weiter gehen, was wäre der Wunsch der Mitglieder der Branchenverbände der Veranstaltungswirtschaft?

Das Thema «Verlängerung der Bezugsfrist von Kurzarbeitsgeldern» von 18 auf 24 Monate wurde durch EXPO EVENT mehrfach beim Bundesrat eingebracht und liegt dort auf dem Tisch. Langsam wird die Zeit knapp, da einschneidende Personalentscheide oft bis Ende Mai getroffen werden müssen. Wir gehen davon aus, dass der Bundesrat sich bald dazu äußert. Die Legitimation, diese zu verlängern, hat er.



Am Dienstag, 18. Mai 2021 soll die Generalversammlung von Expo Event Swiss LiveCom Association stattfinden. In welcher Form?

Aufgrund der aktuellen Verhältnisse musste der EXPO EVENT-Vorstand sich entscheiden, wie wir die Generalversammlung durchführen und sind zum Schluss gekommen, dass es am sichersten ist, diese als Onlineveranstaltung durchzuführen. Das ist für unseren Verband ein Novum, aber der richtige Entscheid. Die Mitglieder werden vor der Generalversammlung ihre Unterlagen erhalten und schriftlich abstimmen.


Am 18. Mai ab 16:50h ist unser Livestream aktiv. Wir haben viel zu berichten und zeigen auf, wohin die Reise des Verbandes gehen soll. Als Höhepunkt konnten wir Roger Spindler vom bekannten Zukunftsinstitut engagieren, welcher sich Gedanken zu unserer Branche gemacht hat. Wir betrachten das Gesamtprogramm als ein Muss für die Branche, hier teilzunehmen.

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