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Messe Frankfurt: «Enorm starkes Comeback»

Die Messe Frankfurt kehrt im 2024 umsatzmässig auf Vorcoronaniveau zurück und erlebt schon heute eine starke Renaissance. Die Kunden wollen wieder persönliche Begegnungen.




Messen in Frankfurt (und anderswo) erleben eine phänomenale Renaissance. Das hätte kaum jemand während Covid zu prognostizieren gewagt. Außer dem vorausschauenden Frankfurter Messechef Wolfgang Marzin. Er hatte bereits während Covid, als niemand dran glauben wollte prognostiziert, «dass wir nicht vor 2024 in die Gewinnzone zurückkehren werden», aber genau das dürfte jetzt eintreffen.


Wie ist das nach dem Pandemieschock möglich – auf so hohem Niveau?


Wolfgang Marzin sprach aber auch von der covidbedingten Zwangspause als einem Katalysator für die persönliche Begegnung, allerdings digital flankiert. «Wir wollen die physische Begegnung noch besser machen. Da sind uns während Covid Dinge eingefallen. Aber wir müssen uns dazu neue Qualitäten aneignen.»


«Bleibt uns bloß vom Hals mit Digitalität»

Eines jedoch ist glasklar: «Ohne persönliche Begegnung gibt es auch keine digitale Erweiterung.» Und die Aussteller wollen vielleicht Onlineergänzungen von Messen, aber keinen erzwungenen digitalen Ersatz. «Bleibt uns bloß vom Hals mit Digitalität» lautet gemäß Geschäftsführer Detlef Braun der gehörte Tenor unter der ausstellenden Wirtschaft.


Die Aufsichtsratsvorsitzende Stephanie Wüst sagte an der Pressekonferenz der Messe Frankfurt vom 6. Juli: «Es ist eine gute Nachricht für den Ballungsraum Frankfurt Rhein-Main, dass der Wirtschaftsmotor Messe Frankfurt wieder läuft und zum Wohlstand unseres Standortes beiträgt.» Sie nannte Frankfurt einen «Destinationshotspot, der Wohlstand in die Main-Rhein-Region bringt.» Nur im Ausland brauche die Messe Frankfurt noch einige Zeit, «bis wir da sind, wo wir hin wollen.»


Bild: Die Vorsitzende des Aufsichtsrats Stephanie Wüst, links Detlef Braun.


Nach der Neuwahl des Oberbürgermeisters in Frankfurt ist Stephanie Wüst, die Wirtschaftsdezernentin Frankfurts von der FDP, nicht mehr der OB, nun Aufsichtsratsvorsitzende der Messe. Sie sprach von Messen als «Innovationszentren» der Wirtschaft. Trotz dem positiven Trend leide vor allem das stark regulierte Messe-Deutschland noch unter Nachwirkungen der Coronarestriktionen.


Das erfährt jetzt zum guten Glück wieder eine Umkehr. Wie sie erwähnte, wird die Bundesregierung die für die exportierenden Klein- und Mittelbetriebe so wichtigen Etats für Auslandsmessebeteiligungen von den reduzierten 34 Millionen wieder auf 43.8 Millionen Euro.


Die Umsatzzahlen im 2022 haben sich mit 454.2 Millionen (davon 314 Millionen in Frankfurt) Euro gegenüber dem Vorjahr (2021: 153.8 Millionen) nahezu verdreifach. Der Trend hält an und die Messe Frankfurt erwartet jetzt im 2023 600 Millionen Euro. Der Konzernfehlbetrag lag im 2022 aber immer noch bei 25.7 Millionen Euro. Im 2024 dürften es mit großer Wahrscheinlichkeit wieder mindestens 700 Millionen Euro sein. Geschäftsleitungsmitglied Detlef Braun sagte: «Die Messe Frankfurt ist in Frankfurt und international zurück im Business. Wir haben ein enorm starkes Comeback»



Und nochmals Wolfgang Marzin (Bild oben): «Zum Glück konnten wir während Covid antizyklisch und antisituativ agieren.» Was er damit meinte: Die Messe Frankfurt hat während Covid die Eurobike nach Frankfurt geholt, die jetzt mit Erfolg in eine umfassende Mobilitätsmesse erweitert wird und man hat kein Personal entlassen. Anders als andere Messeplätze hat man jetzt, wo Messen wieder auf ihren Höhepunkt zurückkehren, keine Not, gebildete Mitarbeitende zu finden, weil sie, zeitweise seit Jahrzehnten, noch in der Messe Frankfurt sind. «Wir haben wieder Wind und Therme unter den Flügeln» drückt sich Wolfgang Marzin aus. «Unsere langfristig ausgelegte Unternehmensstrategie und der Erhalt der Arbeitsplätze während der vergangenen drei Krisenjahre machen sich bezahlt.»


Jenseits eines digitalen Shifts!

Covid hat, anders als häufig prognostiziert, keinen digitalen Shift verursacht im People-Geschäft, das Messen und Kongresse darstellen. im Gegenteil. «Weltleitmessen wie eine ISH, Home of Consumergoods oder eine Light + Building kommen zurück. Auch wichtige abwesende Branchenteilnehmer haben gemerkt: es ist eine gute Idee, sich wieder live zu beteiligen» drückte das Detlev Braun aus. «Es gab und gibt keine Revolution in dem, was unsere DNA ist – im Face:to:Face-Geschäft. Es gibt keinen digitalen Shift. Aber wir werden darauf vorbereitet sein.»


Megamarke Home of Consumergoods

Alle Zeichen deuten darauf hin, dass das Jahr 2023 mit 600 Millionen Umsatz weltweit und 340 Anlässen in Frankfurt eine veritable Trendumkehr, die auch darüber hinaus anhalten wird, sehen wird.


Detlev Braun schließt das aufgrund der ersten sechs Veranstaltungsmonate im 2023 in Frankfurt und spricht von «Inspirationen, Impulsen, intensivem Business und Enthusiasmus und Optimismus», der sich nach Covid wieder in den Frankfurter Messehallen abspielt.


Beispiel dafür sind die unter seiner Leitung stattfindenden Konsumgütermessen, die im 2023 erstmals unter der Dachmarke «Home of Consumergoods» geführt wurden und Rekorde brachen und brechen. Sämtliche Hallen inklusive der brandneuen Halle 5, waren restlos ausgebucht und für 2024 steigt die Nachfrage noch, die aber durch die Nutzung des Cap Europe befriedigt werden kann. «Die Home of Consumergoods war flächenmässig die größte Messe, die je in Frankfurt stattgefunden hat» erklärte er.

Das wäre nicht möglich gewesen ohne die neue Halle 5.


Wie Geschäftsführer Uwe Behm (Bild oben) sagte, hätte die Planung und der Bau der Halle 5 direkt in der Covidphase in keine dramatischere Zeit, ohne wesentliche Umsätze, fallen können. Aber heute sei man froh, die Zeit für die neue Infrastruktur genutzt zu haben.


Die in der Home of Consumergoods zusammen gefassten Konsumgütermessen Ambiente, Christmasworld, Creativeworld und der Paperworld, die in diesen Messen aufging, sind ein Beispiel für eine frühe digitale Erweiterung des Messegeschäfts, wie sie mit Onlinemarktplätzen wie Nextrade in Frankfurt stattgefunden hat. «Wir bedienen unsere Community an 365 Tagen mit Content», sagte er. Aber nicht nur das: Nextrade ist ein funktionierender Onlinemarktplatz für Anbieter und Einkäufer von Konsumgüterprodukten.


Nachhaltigkeit

Die Messe Frankfurt will bis im Jahr 2040 klimaneutral sein und ist auf gutem Weg dazu. Besonders intensiv wird dieser Ansatz auf den textilen Leitmessen diskutiert. Das Texpertise Netzwerk zum Beispiel vereint dazu mehr als eine halbe Million Branchenteilnehmende aus aller Welt. Seit 15 Jahren unterstützt die Messe Frankfurt die Formate und Inhalte der von der United Nations vorgegebenen nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs).


Auslandsgeschäft

Die Messe Frankfurt ist in den wichtigsten Messeregionen mit Ausnahme Brasiliens und Russlands aktiv mit 800 Mitarbeitenden. Dabei werden 60 Prozent des Umsatzes in Frankfurt und 40 Prozent im Ausland, die wiederum das Heimgeschäft fördern, erwirtschaftet. Einen neuen Schwerpunkt wird Vietnam darstellen, das Land mit 200 Millionen Einwohnern. Forcieren wird die Messe Frankfurt aber ihr ganzes Auslandsgeschäft. Rund 20 Premiereveranstaltungen sind zwischen 2023 und 2025 geplant.


Ausblick

Der wichtigste Messeplatz der Welt, Frankfurt, ist zurück und erlebt eine grosse Renaissance. Das ist wichtig und gut, weil es einen gesamtwirtschaftlichen Trend im Messegeschäft spiegelt. Nach einem messewirtschaftlich starken ersten Halbjahr deuten auch erste Prognosen des Verbands der deutschen Messewirtschaft AUMA auf ein Gesamtjahr 2023 mit bis zu 180.000 ausstellenden Unternehmen und bis zu 13 Millionen Besucherinnen und Besuchern auf deutschen Messen hin. Damit nähern sich die Kennzahlen dem Niveau vor der Corona-Pandemie.


An der Messewirtschaft hängen umfangreiche wirtschaftliche Effekte. Die Messe Frankfurt steht für 3 Milliarden Euro wirtschaftliche Erträge, die im Gewerbe, an Steuern, im Transport, im Messebau oder im Catering regional und national anfallen.


So plausibel das alles tönt, trotz Umsätzen, die sich wieder auf Rekordniveau hin bewegen, sagte Wolfgang Marzin als eine Art Fazit zum Schluss: «Jetzt geht die Arbeit erst richtig los.»

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