Im jurassischen Industriezentrum Moutier gelegen führt die SIAMS alle zwei Jahre Entscheidungsträger zusammen und präsentiert die Produktionsmittel der Mikrotechnik. Pierre-Yves Kohler, Directeur Faji SA, wie es mit dem Messejuwel im Jura weiter geht.
by Pierre-Yves Kohler | 4. Juni 2021
Laurence Roy und Pierre-Yves Kohler vom Veranstalter Faji.
Herr Kohler, was bewegt Sie zur Zeit am meisten?
Paradoxerweise und trotz der Absage der SIAMS im Jahr 2020 würde ich als erstes den Zeitmangel nennen! Es gibt immer wieder neue Ideen zu entwickeln und umzusetzen und ich würde gerne mehr für unsere Aussteller tun!
Der andere Punkt ist natürlich der finanzielle Aspekt. Mit der Verschiebung der SIAMS von April auf November 2020 und der anschließenden Absage haben wir einen erheblichen finanziellen Verlust erlitten.
Erfreulicherweise hat uns die große Mehrheit unserer Aussteller erlaubt, die 2019 geleisteten Vorauszahlungen bis zur SIAMS vom 5. – 8. April 2022 zu behalten. Wir konnten auch von den Hilfe-Instrumenten profitieren, die der Bund und der Kanton Bern zur Verfügung gestellt haben. Obwohl die Situation unter Kontrolle ist, müssen wir dennoch vorsichtig sein. Das schränkt auch unsere Innovationsfreude ein wenig ein.
Was kann das Online-Informationsportal für die SIAMS erreichen?
Das Nachrichtenportal der Mikrotechnik ist als Tor zur Welt der Mikrotechnik gedacht. Es ermöglicht unseren Ausstellern, selbst Neuigkeiten zu veröffentlichen und auch die Community darauf reagieren zu lassen.
Bis heute wurden mehr als 3.800 Nachrichten in französischer, 2.500 in deutscher und 1.200 in englischer Sprache von über 200 Ausstellern veröffentlicht. Alle veröffentlichten News sind vollständig in das Profil des Ausstellers integriert. Wenn ein Besucher also Informationen über einen bestimmten Aussteller sucht, findet er nicht nur die üblichen Informationen wie auf allen Messen, sondern auch alle Neuigkeiten. Für den Aussteller ist es die Garantie für eine bessere Sichtbarkeit. All diese Nachrichten werden auch auf Twitter weitergegeben.
Für die SIAMS ist das Portal eine weitere Möglichkeit, unseren Ausstellern einen Mehrwert zu bieten. Unser Programm ist: Wenn Sie Aussteller der SIAMS sind, geben wir Ihnen mehr... und das nicht nur eine Woche alle zwei Jahre, sondern 24/7/365!
Am 5. Mai 2021 fand der Tag der Mikrotechnikindustrie im hybriden Format mit 40 Ausstellern vor Ort in Moutier und Livestreams der Onlinepartner statt. Ist «hybrid» ein Zukunftsmodell oder eine vorübergehende Lösung?
Im letzten Jahr 2020 haben wir eine virtuelle SIAMS eingerichtet, auf der unsere Aussteller Videos veröffentlichen und live mit Besuchern chatten konnten. Obwohl diese Lösung gut funktionierte, sahen wir ihre Grenzen.
Die wahre Stärke einer Messe wie der SIAMS ist die Stärke der Aussteller zusammen! Mit dem Tag des 5. Mai stellten wir eine Veranstaltung auf die Beine, die diese Synergien hervorhebt, um den teilnehmenden Ausstellern eine umfassendere Plattform zu bieten, als wenn sie sich nur auf ihrer Website selbst kommuniziert hätten. Für uns bestand die Zielsetzung genau im Gleichen wie beim Portal: «Sie sind Teil der SIAMS-Community, wir geben Ihnen mehr». Sie öffnete den BesucherInnen ein zusätzliches Tor in die Welt der Mikrotechnik.
Wir haben ein sehr positives Feedback von den teilnehmenden Ausstellern und BesucherInnen erhalten. Sie konnten Wege in die Zukunft unserer Industrie erkunden – dies sowohl für die ungeraden Jahre, in denen die SIAM nicht stattfindet, als auch für die SIAMS-Jahre!
Sie sagen in Ihrer Pressemitteilung, «Wir sind uns dieser einmaligen Chance auch durchaus bewusst.» Welche einmalige Chancen meinen Sie? Die Chance, die messelose Zeit zu überbrücken?
Die Krise hat uns mehr Zeit gegeben, solche Ideen zu entwickeln und vor allem auch unseren Ausstellern den Einstieg in eine hybride SIAMS zu ermöglichen. Sie konnten sich weiterhin ihren Produkte-Innovationen und -Lösungen widmen, wir boten ihnen die Möglichkeit, dies unserer Industrie live oder online zu zeigen.
Ist es gut für die SIAMS, dass es den Wettbewerber Prodex der MCH Group nicht mehr gibt?
Es ist immer gut, Konkurrenten zu haben, es zwingt uns, uns neu zu erfinden und uns ständig zu übertreffen. Die Messewelt ist in Bewegung und es stimmt, dass wir den Eindruck haben, dass die großen Generalistenmessen mehr zu kämpfen haben als die sehr spezialisierten Messen wie die SIAMS. Deshalb hat die SIAMS auch nicht den Willen zu wachsen. Um auf Ihre Frage zurückzukommen, für uns wurde die Prodex durch Innoteq ersetzt. Diese Veranstaltung findet in ungeraden Jahren statt und wir in geraden Jahren. Dies ist eine elegante Lösung.
Welche Rolle wird denn die Innoteq in der Bernexpo für die SIAMS spielen?
Wie bereits erwähnt, ist die Innoteq eine weitere Veranstaltung im Kanton Bern in den Jahren, in denen unsere Messe nicht stattfindet. Wir stehen in Kontakt mit Innoteq, wir sind sicherlich Konkurrenten, aber auch Kollegen und wir stehen vor Entwicklungen, die alle betreffen. Wir tauschen uns zu diesem Thema auch mit anderen Veranstaltern in der Schweiz und in Europa aus. Jeder hat seine Eigenheiten und wir plaudern unsere Geschäftsgeheimnisse nicht aus, denn es ist Platz für alle und es liegt an uns, das Beste für unsere Aussteller zu erreichen!
«Wir haben kein Recht, auf dem Buckel unserer Kunden Fehler zu machen.»
Werden Aussteller und BesucherInnen nach der Verlockung von Online-kommunikation via Zoom oder Google Meet wieder auf Messen zurückkehren?
Ich kann mit Gewissheit sagen, dass sich unsere Aussteller auf die Rückkehr der Echtzeit-Events freuen! Und es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass das SIAMS-Erlebnis sowohl für Aussteller als auch für Besucher einen Besuch in Person unverzichtbar macht - oder zumindest interessanter als ein Onlinebesuch. Messen befinden sich heute in einem delikaten Gleichgewicht, das es zu bewahren gilt, und wir haben kein Recht, auf dem Buckel unserer Kunden Fehler zu machen!
Digitale Elemente und Kontakte via Computer haben unsere Arbeit und die Kontaktpflege stark vereinfacht. Aber auf einer Messe kommt der menschliche Aspekt voll zum Tragen. Sie können mit einem Spezialisten auf einem Stand diskutieren und dann mit diesem Spezialisten auf einen anderen Stand gehen, um eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten. Sie können an Netzwerkveranstaltungen teilnehmen, andere Aussteller oder Besucher kennen lernen, Informationen austauschen und sogar fast zufällig Lösungen finden. Sie können die Lösungen der Anbieter anfassen, fühlen, erleben - und leben.
Da die SIAMS extrem fokussiert ist auf die gesamte Produktionskette, aber ausschließlich in der Mikrotechnik, sind unseren Aussteller- und Besucherkunden sehr gezielte Lösungen garantiert. Die SIAMS 2022 ist deshalb praktisch ausgebucht. Unsere Kontakte, die wir täglich mit den Ausstellern haben bestätigen, dass sie sich auf die Wiedereröffnung freuen. Sie alle hoffen, dass im April 2022 die Gesundheitskrise vorbei ist!
«Weltleitmessen sind oft zu groß, zu breit, zu weiträumig.»
Werden Weltleitmessen wegen den Reisebeschränkungen Einbußen erleiden? Werden regionale und nationale Messen wie die SIAMS Nutznießer eines neuen Reise- und Meetingverhaltens?
Ich denke, der größte Unterschied ist die Effektivität der Messetypen. Die Welt hat sich verändert, und es stimmt, dass Unternehmen heute nur ungern ihre Mitarbeiter für mehrere Tage auf eine Weltausstellung «in die Schule» schicken. Das ist manchmal nicht sehr profitabel. Weltleitmessen sind oft zu groß, zu breit, zu weiträumig. Wenn man die Reisebeschränkungen und den ökologischen Aspekt hinzunimmt, kann man in der Tat einen Rückgang der Besucherzahlen bei diesen Großveranstaltungen erwarten. Aber es zählt natürlich nicht allein die Anzahl der Besucher, sondern die Anzahl der gezielten, interessierten und interessanten Kontakte!
Für die SIAMS sind wir, wie bereits erwähnt, sehr auf Mikrotechnik und das Schaufenster des Jurabogens der Mikrotechnik von Stuttgart bis Genf fokussiert. Unsere Besucher kommen überwiegend aus der Schweiz und aus den angrenzenden Regionen in Frankreich, Deutschland und Italien.
Im Jahr 2018 hatten wir Besucher aus mehr als 80 Ländern, darunter Asien, Indien und den USA, aber diese Besucherzahl ist marginal, da sie nur wenige Prozent unserer 14.000 BesucherInnen ausmacht. Auf der anderen Seite denken wir, dass angesichts der sehr spezifischen Natur der Veranstaltung die Besucher weiterhin kommen werden. Wir denken zwar über Hybridlösungen für BesucherInnen nach, die nicht nach Moutier kommen können, aber das darf nicht zu Lasten der Messe gehen.
«Wir kommen zum Schluss, dass Messen noch eine große Zukunft
vor sich hat, insbesondere in den Phasen der
positiven Meinungsbildung, der Argumentation und
Diskussion sowie der Überzeugung.»
Die SIAMS in Moutier ist eine Erfolgsgeschichte. Alle zwei Jahre ausgebuchte und überfüllte Messehallen. Was glauben Sie, wird das so weitergehen? Was wird dafür ausschlaggebend sein, welche Weichenstellungen sind notwendig?
Wir sind überzeugt, solange die Menschen bei den Prozessen der Kontaktaufnahme, Information, Analyse, Verhandlung, Auswahl und Bestellung mitreden können, werden Messen ein wichtiges Instrument bleiben. Nicht nur, weil sie den Besuchern ein schlüssiges und klares Angebot machen, sondern auch, weil sie diesen menschlichen Aspekt sicherstellen.
Heute kann künstliche Intelligenz mit Sicherheit bestimmen, welche Werkzeugmaschine zum Beispiel den Anforderungen eines Unternehmens am besten entspricht. Theoretisch könnten die IT-Systeme des Unternehmens und der Zulieferer miteinander sprechen und die beste Maschine auswählen, ohne dass ein Mensch eingreifen müsste. Bei dieser Hypothese würden nicht nur die Ausstellungen verschwinden, sondern auch die gesamte Ökonomie der Kommunikation, der Werbung, des Verkaufs, des Einkaufs. Aber wenn wir uns die Kriterien des Kaufs und der Nutzung ansehen, bleibt zum Glück ein sehr großer Teil dem Menschen überlassen!
Ausgehend von den zur Verfügung stehenden Informationsinstrumenten, ihrer Rolle bei der Entscheidungsfindung in Bezug auf Bewusstsein, Wissen, Präferenz, Überzeugung, Handlung und den Bedürfnissen der Nutzer kommen wir zum Schluss, dass die Messe noch eine große Zukunft vor sich hat, insbesondere in den Phasen der positiven Meinungsbildung, der Argumentation und Diskussion sowie der Überzeugung.
Aber natürlich sollten uns diese Überlegungen nicht dazu bringen, die Augen zu verschließen und zu glauben, dass in der besten aller Welten alles gut ist. Wir müssen ergänzende digitale Tools einführen, mit denen wir sicherstellen, dass das SIAMS-Erlebnis großartig bleibt und mit denen wir garantieren, dass der menschliche Dialog, den wir so sehr suchen, gefördert und gestützt wird.
Bildquelle: SIAMS Moutier.
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