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MCH braucht Geld: Aber 21 Millionen Gewinn im 2. Semester 2021!

Die MCH Group machte im Geschäftsjahr 2021 einen Verlust von 17.3 Millionen Franken, der nur dank dem Verkauf einer Büro-Immobilie nicht höher ausfiel. Ankeraktionäre sollen für eine Kapitalaufnahme einspringen. Der neue Verwaltungsratspräsident Andrea Zappia machte ein Bekenntnis für den Standort Basel respektive die Schweiz.


by Urs Seiler | Basel, 29. März 2022



Der Einstieg des seit 2021 amtenden Verwaltungsratspräsidenten Andrea Zappia der MCH Group (links im Bild), Sky Italia Mitarbeiter des Vaters des Großaktionärs James Murdoch, (rechts CEO Beat Zwahlen), tönte auf Englisch, er ist Italiener gut: «Wir befinden uns in einem Wachstumsgeschäft. Das Erlebnisgeschäft ist eine Wachstumswirtschaft. Es gibt einen großen Wunsch, sich wieder physisch zu treffen.»



Er sagte auch: «Wachstum bedeutet nicht, das Geschäft in Basel zu reduzieren, sondern unser Geschäft zu stärken.» Und: «Du kannst Deine Wurzeln nur stärken, indem du wächst. Wir wollen den Standort Basel stärken.»


Das tönt nach guten Neuigkeiten. Aber so schnell wird das nicht gehen. Zuerst muss sich das Messegeschäft erholen und das wird im 2022 umsatzmäßig und covidbedingt nur schwach der Fall sein. Die MCH Group nannte pandemiebedingt das erste Semester 2022 als Grund.


An der Pressekonferenz vom 29. März wurde immer wieder auf die Stärke der «Brands» der MCH Group hingewiesen. Konkret kann damit angesichts des seit Jahren rückläufigen Messegeschäfts nur noch die Art Basel an den Standorten Basel, Miami Beach und Hong Kong gemeint sein.


Die vor Kurzem in einem Pitch gewonnene Austragung der Kunstmesse in Paris läuft unter dem Namen ParisPlus by Art Basel. Damit wird in Paris respektive bei einer globalen Besucherschaft nebenbei Markenführung für die Stadt Basel und die Art Basel am Rhein gemacht.


Ob die Aussteller der Art Basel angesichts des Ablegers in der glamourösen französischen Hauptstadt in Basel verbleiben wollen, wird an manchen Orten angezweifelt. Das kann aber erst die Erfahrung zeigen, das was Andrea Zappia als «richtigen Zeitpunkt, um jetzt an die Tat zu schreiten» bezeichnete. Auch eine kleine Zusammenarbeit mit der Art Tokio wird gemäß CEO Beat Zwahlen umgesetzt.



Ende der Baselworld

Auf die ehemals weltberühmte Baselworld wurde an der Pressekonferenz erst auf Nachfragen der Journalisten eingegangen. Sie ist ziemlich sicher auch jener Bereich, auf den CEO Beat Zwahlen als «Klumpenrisiko der Vergangenheit» anspielte.


Sie soll jetzt zum dritten Mal in drei Jahren neu analysiert werden und dieser Ausgang ist wie erklärt wurde, absolut offen. Sollte sie überhaupt wieder lanciert werden, dann als Publikumsmesse für den Endkunden, nicht mehr als Fachmesse. Aber dieses Szenario ist mehr als fraglich. Die Musik für Uhrenmessen in der Schweiz spielt heute auf der Watches & Wonders in Genf.


Oder gibt es eine Erweiterung der ehemaligen Baselworld auf den gesamten Luxusgüterbereich? «Wir schauen das ganze Universum des Luxusgütermarktes an», sagte Beat Zwahlen. Aber: «Die Baselworld wird in diesem Format nicht mehr kommen.» Darauf hin deutet auch, dass das prestigeträchtige und wohl sehr gut dotierte Amt des Messeleiters, der im 2021 den Hut nahm, nicht ersetzt wurde.


Als die drei tragenden Säulen der MCH-Strategie wurden wie bisher Community Plattformen, Experience Marketing und Venues genannt. Sie sind nichts Neues, sondern lediglich das um digitale Aktivitäten erweiterte Messe- und Eventgeschäft (Communities: «alles, was mit Event zu tun hat»), die MCH Dienstleister MC2, Expomobilia und MCH Global (Experience Marketing) und die im Unterhalt teuren, wenig ausgelasteten Messezentren (Venues.


Nach einem pandemiebedingt immer noch schwierigen ersten Quartal schätzt die MCH Group die Aussichten im laufenden Jahr 2022 positiv ein. Das Messe- und Event- Geschäfts würde weiter Fahrt aufnehmen. Die Rückgänge im ersten Quartal sowie notwendige Investitionen in die Strategieumsetzung könnten allerdings nicht gänzlich kompensiert werden, wurde gesagt. Die MCH Group geht davon aus, dass das Geschäftsjahr 2022 zwar erneut besser als das Vorjahr sein, aber nochmals negativ abschließen wird.


Rückzug aus Basel?

Zieht sich die MCH Group langsam aus der Schweiz zurück respektive wird das Schweizer Geschäft angesichts des rückläufigen Fachmessegeschäfts immer unbedeutender im Rahmen des Gesamtkonzerns?


Andrea Zappia verneinte das mit einem überzeugenden Argument, wenn denn diesem die Taten folgen werden: «Wachstum bedeutet nicht, das Geschäft in Basel zu reduzieren, sondern unser Geschäft zu stärken. Unsere Aktionäre erwarten Wachstum von uns.» Und: «Die Zeit ist gekommen, zur Tat zu schreiten, umzusetzen. Es gibt keinen Erfolg ohne starke Umsetzung.»



Beat Zwahlen hatte davor klar gestellt, dass die reduzierte Swissbau (Bild oben) vom Mai 2022, die den großen Unwillen der ausstellenden Wirtschaft auf sich zog, weil sie im 2022 nicht mehr mit Individualständen auftreten dürfen, covidbedingt eine Einmalaktion bleiben wird. Der Sondertermin im Mai 2022 zu einem für die Baubranche falschen Zeitpunkt, wenn das Baugeschäft auf Hochtouren läuft, wird in zwei Jahren im 2024 wieder korrigiert. Sie wird wieder zum angestammten Termin im Januar 2024 und in Befriedigung aller Aussteller, die teilnehmen wollen, durchgeführt.


Solche Aussichten sind wichtig für die dienstleistende Wirtschaft, zuerst natürlich die Messebaubranche, dann das nutznießende lokale Gewerbe von Restaurants, Hotels und Tourismus.


Von den 243 Millionen Franken Umsatz im Geschäftsjahr 2021 entfallen fast gleiche Anteile auf das europäische (100 Millionen) und das nordamerikanische Geschäft (113 Millionen Franken). Das Schweizer Geschäft macht heute mit 71 Millionen nur noch fast einen Drittel des Gesamtumsatzes von 244 Millionen aus.


Die Durchführung der Kunstmesse in Paris wird den Schweizer Anteil noch kleiner machen, was die These, dass die MCH Group sich langsam aus der Schweiz verabschiedet, bewahrheiten könnte.


50 bis 100 Millionen Franken neue Anleihe

Die MCH Group machte im Geschäftsjahr 2021 einen Umsatz von 243.3 Millionen Franken bei einem Verlust von 17.3 Millionen Franken. Eine kleine Morgenröte zeigte sich im zweiten Semester mit einem Gewinn von 12.1 Millionen Franken.


Die im Mai 2023 anstehende Refinanzierung der Anleihe von 100 Millionen Franken ist in die Wege geleitet. 2020 haben der Kanton Basel-Stadt und Lupa Systems ihre Absicht zur Unterstützung der Refinanzierung bekundet.


Jetzt steht eine Stärkung der Kapitalbasis mit einer nachgelagerten Erneuerung der Fremdfinanzierung bevor, womit die Refinanzierung der Anleihe und die notwendigen Investitionen zur Umsetzung der Wachstumsstrategie sichergestellt werden sollen. Die Rede war von einer Kapitalaufnahme von 50 bis 100 Millionen Franken, hauptsächlich durch zwei «Ankeraktionäre», sprich durch den Kanton Basel Stadt und James Murdochs Lupa Systems.







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