Die MCH Group weist coronabedingt einen Halbjahresverlust von 21.7 Millionen Franken auf. Digitale Aktivitäten sind keine Gewinnsäulen. Hoffnungsträger bleibt der potenzielle Ankeraktionär James Murdoch.
by Urs Seiler | 30. September 2020
Die MCH Group hat heute erwartungsgemäß ihre coronabedingt drastisch reduzierten Ertrags- und Gewinnergebnisse publiziert. Der konsolidierte Betriebsertrag im ersten Semester 2020 hat sich gegenüber dem Vorjahr um 55 Prozent auf 121.6 Millionen Franken verringert. Das verursacht einen in Anbetracht der pandämischen Ära schon fast als gering zu beurteilenden Verlust von 21.7 Millionen Franken, wohl nicht zuletzt dank einer im März 2020 erfolgten Notfallplanung über alle Geschäftsbereiche hinweg. Ohne das nationale Flaggschiff «Swissbau» vom Januar 2020 (Bild: iRoom auf der Swissbau 2020) wäre der Verlust wohl noch um Einiges höher ausgefallen. Für das Geschäftsjahr 2020 rechnet die MCH Group mit Umsatzeinbußen von 230 – 270 Millionen Franken und einem Verlust «in einem höheren zweistelligen Millionenbereich» (Pressemitteilung).
Sofortmaßnahmen am Rhein
Die MCH Group nennt im wesentlichen drei Sofortmaßnahmen, die während der Pandemie getroffen worden seien. Im März 2020 sei unverzüglich eine Notfallplanung über alle Geschäftsbereiche in Kraft gesetzt worden.
Für die abgesagten Messen wie dem Flaggschiff Art Basel in Basel und Hong Kong seien mit den Kunden und Lieferanten kulante Lösungen gefunden worden. Trotzdem hat die MCH Group hier durch die Unmöglichkeit Messen durchzuführen, Geld verloren anstatt Geld verdient.
Ab März 2020 wurden als Alternative die Online Viewing Rooms der Art Basel lanciert. Im Vergleich zum Messegeschäft produziert das allerdings kaum nennenswerte Erträge und es dürfte Jahre dauern, bis das digitale Business tatsächlich zur Gewinnsäule wird, wenn überhaupt. Das Gleiche gilt für «digitale Kongress- und Produktpräsentationen sowie virtuelle Messen» (Pressemitteilung der MCH Group), die gemäß MCH Group im ersten Halbjahr 2020 realisiert werden konnten.
Fortbestand gesichert?
Die MCH Group hat wiederholt erklärt, dass der Fortbestand des Unternehmens bis ins Jahr 2021 hinein gesichert sei. Die Pressemitteilung hält fest, dass diese Feststellung nach wie vor Gültigkeit habe. Das lässt Interpretationsspielraum. Der Zeithorizont 2021 trifft entweder bereits in drei Monaten ein oder in mehr als 12 Monaten, je nach Auslegung. Auf Deutsch: es ist nicht anzunehmen, dass die MCH noch lange ohne Kapitalzufuhr in der jetzigen Form überleben wird.
Die MCH Group ist kein Sonderfall
Am 10. Juli präsentiert die MCH Group ihren Plan einer Kapitalerhöhung von 104.5 Millionen Franken. 75 Millionen davon sollten von James Murdochs Lupa Systems LLC kommen. James Murdoch (Bild oben) ist der Sohn das amerikanischen Medienverlegers Rupert Murdoch. Er sollte dafür 30 bis 44 Prozent der MCH Aktien erhalten.
Die Übernahmekommission des Bundes hatte den Einstieg von James Murdoch im August 2020 aber vorerst abgewiesen. Am 28. August 2020 hat die MCH Group bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA Beschwerde gegen die Verfügung der Übernahmekommission (UEK) vom 20. August 2020 eingelegt.
Niemand hat etwas davon, wenn es der MCH Group schlecht geht. In der momentanen Situation benötigt sie hohe finanzielle Mittel.
Das ist der Grund, dass der potenzielle Ankeraktionär James Murdoch nichts weniger als ein Hoffnungsträger für die MCH Group und die lokale, regionale und sogar nationale Wirtschaft darstellt aufgrund der direkten und indirekten wirtschaftlichen Effekte, die Messeplätze verursachen. Das sagt auch die Basler Zeitung am 21. August 2020 in einem Kommentar von Isabel Strassheim: «Ein Platzen des Deals wäre für die Messe fatal.»
Die MCH Group steht nicht allein. Auf der ganzen Welt leiden Betreiber von großen Messezentren, namentlich auch im Musterland für Weltleitmessen, Deutschland. Hier stehen große Messezentren mit einem hohen Mitarbeiterstab vor einer vergleichbaren Situation und Branchenkenner fragen sich nicht mehr ob, sondern wann es zu den ersten Insolvenzen kommen wird.
Lesen Sie dazu unser Editorial vom Freitag, 2. Oktober 2020.
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