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Messen: Erste Schritte in die neue Normalität

Seit dem Lockdown der Wirtschaft am 28. Februar 2020 kämpft die Veranstaltungsbranche um Neukonzepte für eine sichere Durchführung von Messen und Events. Mit der Aufhebung des Verbots von Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 TeilnehmerInnen konnte dieser Schritt jetzt in die Wege geleitet werden.


by Urs Seiler | 11. September 2020



Am Tag nach dem Bundesratsentscheid, am 3. September 2020, gab die Bernexpo Groupe bekannt, dass der traditionelle Suisse Caravan Salon jetzt auf dem Bernexpo Gelände vom 22. – 26. Oktober 2020 – mit konsequentem Schutzkonzept – durchgeführt werde. Die Bernexpo Groupe ist der erste Messeveranstalter der Schweiz, der nach dem Lockdown wieder eine Messe dieser Grösse organisieren wird. Angemeldet hatten sich am 3. September über 210 Aussteller.


Ein wichtiger Teil des Schutzkonzeptes besteht in der Beschränkung der Zutritte. Früher kamen rund 50'000 BesucherInnen zum Suisse Caravan Salon. Das wird im 2020 nicht mehr möglich sein. Der Branchenverband caravaningsuisse hat gemeinsam mit der Bernexpo Groupe unter Hilfe von Wissenschaftlern ein Schutzkonzept mit klaren Beschränkungen erarbeitet, wie viele Personen in Relation zu der zur Verfügung stehenden Ausstellungsfläche angemessen sind. Das Schutzkonzept wird in den kommenden Wochen vor dem Caravan Salon laufend den epidemologischen Umständen angepasst. Es werden mit Sicherheit entscheidend weniger BesucherInnen als früher zugelassen.

Eine weitere Massnahme am Caravan Salon besteht in der in der ausschliesslichen Onlineregistrierung der MessebesucherInnen. Das sind gute Neuigkeiten für die ausstellende Wirtschaft: Jetzt wird endlich die historische Kosmetik (um nicht zu sagen Übertreibung) von BesucherInnenzahlen an Messen Geschichte, Aussteller wissen jetzt genau, wie viele Gäste und wen sie für ihr teures Messebudget zu erwarten haben: Messen werden messbarer, digitalen Technologien sei Dank. Dieser Trend dürfte sich als neue Normalität durchsetzen und nützt allen Interessengruppen: Ausstellern, BesucherInnen, den Veranstaltern.



Für Güter wie sie auf einem Caravan Salon angeboten werden, besteht die neue Realität auch darin, dass der Konsument online seine Recherchen und dann auf der Messe den Test macht – und allenfalls den Kauf besiegelt. Niemand kauft einen Caravan online, auch heute noch nicht. Ein Beleg für diese These ist, dass auch in Deutschland die erste namhafte Messe nach dem Lockdown der Caravan Salon der Messe Düsseldorf vom 4. – 13. September 2020 war.

Tageskasse: heute geschlossen

Die neue Transparenz dank Teilnehmerregistrierung nützt allen Interessengruppen der Veranstaltungswirtschaft. Sie ist Teil einer neuen, veränderten Wirtschaft. Als Positivum entfallen lange Wartezeiten an der Kasse, weil pre-Event Registrierung der BesucherInnen durchwegs obligatorisch ist, Tageskassen wie früher sind geschlossen.

Aber macht auch die ausstellende Wirtschaft mit? Gemäss einer Umfrage des Onlineportals «Visable» unter 150 Führungskräften von Schweizer Klein- und Mittelunternehmen sagen ein Drittel früherer Aussteller, dass sie im 2021 keine Messeauftritte mehr planen. 20.7% der Schweizer KMU planen gemäss der Umfrage mit weniger Marketingbudgets. Der CEO von Visable, Peter F. Schmid schliesst daraus, dass in der Schweiz jede vierte Messe die nächsten zwei Jahre nicht überleben wird.

Der Branchenverband für Messen + Events, Expo Event Swiss LiveCom Association sagt in seinem Forderungskatalog vom 4. September 2020 an die schweizerische Politik, das grösste Risiko für die Veranstaltungsbranche sei, «dass niemand Risiken eingehen will.»



Wie sicher sind Messeteilnahmen?

Die Beschränkung in den Besucherzahlen entspricht auch dem Wunsch von Messegästen. Die Olma Messen St. Gallen haben eine Umfrage zum Thema «sicherer Messebesuch» unter 5'140 BesucherInnen vergangener Messen gemacht. 39% von ihnen sind für eine Registrierung der Besucher-Kontaktdaten und 37% für eine Beschränkung der Besuchermenge. Mit dem Bierfestival «Bierprobier» vom 18. – 19. September haben die Olma Messen am zweiten Tag nach dem Bundesratsentscheid gleich auch ihr Schutzkonzept vorgestellt. Dieses empfiehlt eine Flächenbelegung einer Veranstaltung mit mindestens 3.4 m2 pro Person und Personanabstände von 1.5 Metern zu planen.

In der Hektik der Corona-Pandämie-Alltags der Veranstaltungswirtschaft wurde kaum sichtbar, dass Messeveranstalter und Eventdienstleister zu den Vorreitern in social distancing Schutzmassnahmen wurden. Oliver Vrieze, CMSO Bernexpo Group sagt allerdings: «Ein wenig schade finde ich, dass das, die Schutzkonzepte der Messeveranstalter, kaum jemand so mit bekommt.» Der Branchenverband der Messe- und Eventwirtschaft EXPO EVENT stellt auf seiner Webpage als Orientierungshilfe eine Zusammenfassung der aktuellen Weisungen des BAG, die die Veranstaltungswirtschaft betreffen, zur Verfügung.


Reto Leder, CEO Trafo Baden sagt zur Verantwortung seiner Eventlocation: «Wir unternehmen gigantische Investitionen in die Sicherheit der TeilnehmerInnen.» Auch alle grossen Messeveranstalter der Schweiz haben ihre Schutzkonzepte entwickelt. Und die Sommersessions des schweizerischen Parlaments fand nicht wie gewohnt im Parlament am Bundesplatz statt, sondern in der Bernexpo. Der Eventdienstleister JMT Schweiz besorgte unter Anwendung der neuen Sicherheitsvorkehrungen in bezug auf den notwendigen räumlichen Abstand die temporäre Ausstattung des Nationalratssaals mit 212 Arbeitsplätzen

Fazit

Die Schutzmassnahmen für Aussteller und BesucherInnen von Messen und Events werden weiter gehen. Sie werden im wesentlichen darüber entscheiden, ob die BesucherInnen wieder in früheren Zahlen an Events zurückkehren werden, nicht eine Impfung der TeilnehmerInnen. Es könnte ein Jahre dauernder Prozess werden.

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