Paradigmawandel Messe im 50-Jahr-Jubiläum der EMO Hannover: «Unsicherheit ist immer Gift für die Wirtschaft»
- Urs Seiler
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Wird Asien jetzt die Europäische Union in Künstlicher Technologie überholten? Die Weltleitmesse EMO für Produktionstechnologie findet in einem turbulenten globalen Umfeld statt. Sie ist wichtig, weil sie Lösungen weit jenseits des Quadratmeters anbietet zu Themen wie Geschäftsmodelle, Globalisierung, Innovationen, Investitionsstau. Hier öffnet sich ein Horizont weit über den Exponatepark hinaus. Und die Deutsche Messe sorgt jetzt auch für fairere Hotelangebote.
von Urs Seiler || 14. Mai 2025 || || Vertretung der Deutschen Messe AG für CH/Li || Messen der Deutschen Messe AG weltweit
Wer sich lösen kann von der Vorstellung, dass der Mehrwert von Messen sich wie vor 50 Jahren, auf der ersten EMO, auf den Exponatepark («Kulissenschieberei») beschränkt, versteht ihre ganze Dimension richtig. In der aktuell herrschenden Unsicherheitslage können Weltleitmessen wie die EMO auch zu Leuchttürmen für wirtschaftspolitische Antworten werden.
Wer neue Geschäftsmodelle, Kooperationsmöglichkeiten und neue Vertriebswege (Stichwort online!) und eine Standortbestimmung im Wettlauf der Kontinente um Künstliche Intelligenz, jenen inhaltlichen Megatrends, die Weltleitmessen wie die EMO Hannover vom 22. bis 26. September 2025 so wertvoll machen sucht, der muss als Aussteller oder BesucherIn nach Hannover - unbesehen der angeblich hohen Kosten (siehe unten «bitte keine Onlinemesse mehr!»).
Das geht im Internet so nicht, das geschieht nur im persönlichen Kontakt. Und natürlich die grosse globale Währung «Vertrauen» - auch die Herstellung davon geschieht nur von Angesicht zu Angesicht.

Christoph Blättler (links im Bild), «Mister Swiss Machine Tools» von Swissmem, formulierte die Bedeutung von Messen im Internetzeitalter. «Früher sah man auf Messen Materialschlachten von Ausstellenden, heute sieht man Lösungen. Ich bin total überzeugt, dass Messen auch in Zukunft für das Investgütergeschäft entscheidend bleiben.»
Solches sind Themen des grossen Paradigmawandels von dem, was Messen sind und die EMO ausmacht.
Und wer könnte es präziser formulieren als der erfahrene Messemacher Andreas Züge, Geschäftsleiter der Schweizer Vertretung der Deutschen Messe: «Im stürmischen Fahrwasser des heutigen Protektionismus braucht es die EMO - unterstützt von Digitalität.»
«Ich habe Kurzarbeit - ich kann nicht Millionen für Investitionen in die Hände nehmen»
Unter dem Motto «Innovate Manufacturing» bietet die EMO Hannover 2025, Weltleitmesse der Produktionstechnologie, den Maschinenbauern eine Vielzahl an Innovationen und Lösungen, um sich inspirieren zu lassen. Mehr noch: Auf der Messe finden sich geeignete Partner, die Modernisierungsprozesse kompetent begleiten können. Das spart Zeit und minimiert die Investitionsrisiken.
«Internationalität ist das, was die EMO auch heute noch ausmacht» sagte Dr. Markus Heering (rechts im Bild oben) vom Verein deutscher Werkzeugmaschinenfabriken VDW. Und er fuhr fort: «Wir leben in einer Zeit extremer Unsicherheiten. Das ist immer Gift für die Wirtschaft mit der Konsequenz: es wird nicht mehr investiert. Das EMO-Motto «Innovative Manufacturing» ist mehr als ein Leitspruch, es ist ein Aufruf an Anbieter und Anwender, die Möglichkeiten neuer Technologien mutig auszuschöpfen.»
Ein weiteres Thema führt zum bekannten Investitionsstau. Unternehmen mit Kurzarbeit haben ein emotionales Handicap, zu einem solchen Zeitpunkt in Maschinen zu investieren. «Ich habe Kurzarbeit - ich kann nicht Millionen für Investitionen in die Hände nehmen» übersetzte Dr. Markus Heering die kompromitierende Situation, in denen sich Aussteller befinden.
Er sprach auch zum Wettlauf um Technologieführerschaft in Künstlicher Intelligenz. «Alle Unternehmen beschäftigen sich mit dem Thema, ob China und Asien die europäische Leaderposition überholen werden.
Man hätte es nicht präziser formulieren können, wie die Debatten über politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen heute den Mehrwert von Messen jenseits des Quadratmeters ausmachen: «Früher wurde Metall ausgestellt (Anmerkung: gemeint ist der Ausstellerfokus auf Maschinen), heute dreht sich alles um Lösungen und um Digitalisierung, auch die Kommunikation, die sich verändert. Aber das Netzwerken auf Messen, es wird wichtig bleiben.»

«Was für mich auf der EMO spannend ist, wie sich Businessmodelle entwickeln, wir verkaufen ja keine Maschinen mehr - sondern Geschäftsmodelle. Wir müssen immer mehr wegkommen vom Blick auf die Hardware. Das sind für mich Highlights auf der EMO 2025!» unterstreicht Alex Waser (im Bild links), Verwaltungsratspräsident des schweizerischen Traditionsunternehmens und Ausstellers Reishauser an der EMO Pressekonferenz vom 12. Mai 2025 in Zürich. Das Statement gab die Richtung an, wie dramatisch und wie dramatisch schnell sich der Paradigmawandel des Marketinginstruments Messen vollzieht.
Alex Waser unterstrich das. «Was auf Messen bleibt wie früher ist «matching», das Netzwerken und die Innovationsschau. Schafft die Internationalität für mich den Mehrwert der EMO? Kooperationen werden wohl ein viel grösseres Thema sein!» sagte er.
An der kommenden EMO 2025 werden rund 70 hochkarätige und international bedeutende Unternehmen aus der Schweiz teilnehmen, was die Schlüsselrolle des Landes in der Branche nochmal unterstreicht.

«Die Präsenz weltweiter Schweizer Marktführer wie GF MACHINERY, FEHLMANN, TSCHUDIN, GROB, Monnier + Zahner AG, EROWA, GRESSEL, Kellenberger, MIKRON, REGO-FIX, Rollomatic, Schneeberger J. Maschinen, Tornos, REISHAUER, Starrag, Fritz Studer AG und UNITED GRINDING garantiert den Besuchern ein außergewöhnlich hochwertiges Angebot an Innovationen – im Einklang mit den Leitthemen der Messe wie Nachhaltigkeit und künstliche Intelligenz.» sagt Margherita Borghi (Bild oben, links: Andreas Züge) von der Vertretung der Deutschen Messe AG für die Schweiz.
Die EMO ist eine grosse, grosse Chance: «Bitte nie wieder Onlinemessen!»
Seit 50 Jahren ist die EMO die weltweit wichtigste Plattform für die metallbearbeitende Industrie und zeigt aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der Metallbearbeitung. Unter dem Motto Innovate Manufacturing zeigt die EMO vom 22. bis 26. September 2025 die gesamte Wertschöpfungskette der Metallbearbeitung. Das sind spanende und umformende Werkzeugmaschinen, Fertigungssysteme, Präzisionswerkzeuge, automatisierter Materialfluss, Computertechnologie, Industrieelektronik und Zubehör.
Die EMO findet im Zwei-Jahres-Turnus in Hannover, Hannover, Mailand statt. Zuletzt zogen 2023 mehr als 1.800 Aussteller gut 92.000 Besucher aus aller Welt nach Hannover. Internationale Marktführer aus 45 Ländern stellen auf der EMO aus.
An der Pressekonferenz wurde auch das Medium Messe debattiert. Das ist natürlich, Messen sind seit 50 Jahren, nicht zuletzt seit oder wegen ihrem unvergleichlichen Aufschwung, laufend in der Diskussions als Marketinginstrument, weil sie als «teuer» gelten.
Aber «teuer» ist ein relativer Begriff, teuer im Vergleich womit? Teuer, wenn man bedenkt, dass gemäss der AUMA-Studie «Mehrwert von Messebesuchen. Wie Einzelreisen vermiedern werden» mit einem Messebesuch 13,1 Geschäftskontakte pro Tag wahrgenommen werden, wobei über ein Drittel dieser Kontakte ohne den Besuch der Messe zu zusätzlichen Reisen geführt hätten? Dies bedeutet, dass pro Besucher und Tag durchschnittlich 5,1 separate Reisen vermieden wurden.
Teuer im Vergleich zu Kosten von Onlinemarketing? Gibt es das überhaupt - so etwas wie Onlinemarketing - ohnen den Mehrwert persönlicher Treffen?

Der Director Corporate Communications der Deutschen Messe AG, Onuora Ogbukagu (Bild oben rechts), schilderte dazu die Sicht der Aussteller.
Trotz beträchtlicher UserInnenzahl von sogenannten «virtuellen Messen» während der unsäglichen Covid-Pandemie, als persönliche Begegnungen auf Messen und Events verboten waren, lautete ein oft gehörter Tenor der ausstellenden Unternehmen: «Bitte macht das nie wieder!» Weshalb? Weil - mangels Vertrauensbildung - kein oder kaum ein Geschäft zu stande kam. Er fasste dies so zusammen: «je mehr Künstliche Intelligenz und Digitalität - es ist immer das Thema Vertrauen, worauf es in der persönlichen Begegnung ankommt. Bevor es zum Business kommt, braucht es Begegnung. Sie muss Begeisterung auslösen!»
Trotzdem sind Leitmessen wie die EMO eine wahnsinnige «Datenmaschine» geworden. Onlinenetzwerke bieten unzählige Anknüpfungspunkte über den Quadratmeter hinaus, wo man Kunden zusätzlich zusammen bringen und Begegnungen noch schneller stiften kann. «Das ist die grosse, grosse Chance von Messegesellschaften» sagte Onuora Ogbukagu.
Angesprochen wurde an der Pressekonferenz auch das häufig unterschätzte Thema von nicht im voraus geplanten, überraschenden, sich flexibel ergebenden Begegnungen, auf Englisch 'Serendipity'. «Auch der Zufall und die Magie der persönlichen Begegnung wird auf der EMO ein Thema sein. Wo tausende von Ausstellenden auf hunderttausend BesucherInnen treffen, kommen zwangsläufig Zufallsbegegnungen heraus», sagte Onuora Ogbukagu.
Impulse: Der Mehrwert der EMO
Von der Eismaschine bis zum Radlader – das Spektrum des Maschinen- und Anlagenbaus ist so vielfältig wie der Markt an sich. Die größten Herausforderungen gestalten sich indes für fast alle gleich: Produktion modernisieren, Strategien gegen den Fachkräftemangel entwickeln, Lösungen für mehr Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz umsetzen.
Messen gelten schliesslich auch deshalb als teuer, weil Hotels an den Leitmessen, nicht nur jenen in Hannover, ihre unverschämten Preisverdreifachungen gegenüber ausstellenden Unternehmen und BesucherInnen immer noch unbesehen durchsetzen können.
Aber sogar hier hat die Deutsche Messe jetzt eine Lösung gefunden. Sie hat mit der Onlineplattform Get-to-Fairs eine Kooperaationen für preiswerte Hotelzimmer inklusive Shuttlebus zur Messe getroffen.
Auf der EMO werden werden Weichen gestellt, Wege geebnet und die Zukunft der Branche definiert.
Andreas Waser formulierte in einem Satz den Mehrwert den die EMO der Community der Produktionstechnologie bringt: «Es ist wichtiger denn je, dass man international zusammen kommt. Das ist das, was Menschen ausmacht, da ist der echte Mehrwert, den wir auf der EMO sehen werden. In bezug auf Vertrauen ist diese Plattform nicht zu ersetzen. Aber sehr wertvoll, wenn man sie nutzt.»
In bezug auf die hohe internationale Beteiligung von Ausstellern und BesucherInnen fasste Andreas Züge das so zusammen: «Die EMO ist eine Chance, Europa zusammen zu bringen.»
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