Die ausstellende Wirtschaft und die Messeveranstalter und –dienstleister warten sehnsüchtig darauf, dass alle geplanten Messeveranstaltungen wieder durchgeführt werden können, und die Frage ist nun: Wie werden Messen nach der Pandemie aussehen?
by Hans Bruder, Benjamin Bruder* | 28. Oktober 2021
Messestand von Webasto auf der IAA Mobility 2021 in München
von Octanorm, realisiert von Raumtechnik Messebau & Event Services
und JP Mobile Spaces.
Werden Messen wieder stattfinden können? Aber sicher!
Erfreulicherweise ist der Re-Start in der europäischen Messewirtschaft erfolgreich und auf hohem Niveau wieder lanciert. Die ersten Messeveranstaltungen haben stattgefunden.
Dies war und ist jedoch nur möglich, da die Durchimpfung der Bevölkerung in der Zwischenzeit einen hohen Prozentsatz erreicht hat, der Inzidenzwert dadurch niedrig gehalten werden kann und die Regierungen keine neuen Lockdown-Maßnahmen ergreifen. Wir möchten hier gezielt an den Mut der Messeveranstalter eine Veranstaltung durchzuführen und an den Mut der Aussteller, sich an einer Messe zu beteiligen appellieren. Für die Messebaubranche muss es wieder mehr Planungssicherheit geben hinsichtlich der sicheren Durchführung einer Messeveranstaltung!
Nationalisierung vor Internationalisierung
Die Pandemie wirkt sich nach wie vor stark auf das Reiseverhalten der Menschen aus. Reisebeschränkungen und Quarantänebestimmungen beim Ein- und Ausreisen erschweren es Besuchern aus dem Ausland an Messen teilzunehmen. Daraus folgern wir, dass im Herbst 2021 Messen verstärkt national veranstaltet werden. Wir rechnen mit einem erhöhten internationalen Reiseaufkommen für Messen frühestens 2022.
Standgrößen: Reduce to the Max
Die Größe der Standflächen wird abnehmen, da die zu erwartenden Besucherzahlen aufgrund der Corona-Vorschriften zurückgehen werden. Dieser Trend zeigte sich jedoch bereits vor der Pandemie, wie die Kennzahlen der internationalen/nationalen deutschen Messewirtschaft ab 1970 des AUMA (AUMA e.V., Index, 15.10.2020) verdeutlichen. Dies wird sich unserer Ansicht nach durch die Pandemie zusätzlich verstärken, da die Messeveranstalter und -gesellschaften, beispielsweise durch die Forderung nach breiteren Gängen, ihre Hallenflächen großzügiger planen müssen. Tendenz: so viel Hardware wie nötig, aber so wenig wie möglich (reduce to the max).
Nachhaltiges Bauen auf der EuroShop 2020 von Octanorm. Fotograf: Michael Krasser.
Nachhaltiges Bauen
Bereits vor der Pandemie war festzustellen, dass das Thema Nachhaltigkeit enorm an Bedeutung gewonnen hat. Dieses Thema rückt auf Messen vermehrt in den Fokus. Einige Messen in Asien sind diesbezüglich Vorreiter und erlauben auf ihren Messegeländen ausschließlich eine nachhaltige Bauweise. Der Systembau wird hierbei eine entscheidende Rolle spielen. Durch die lange Lebensdauer und Wiederverwendbarkeit ist der Einsatz von Aluminiumbauteilen eine Investition in die Zukunft. Themen sind: reduce, re-use, recycle.
365 Tage Messe mit Vor-Corona-Leadqualität
Da seit einem Jahr physische Veranstaltungen nur unter Auflagen oder gar nicht stattfinden können, beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema der digitalen Reichweitenerweiterung. Wir sind davon überzeugt, dass hybride Veranstaltungen an unterschiedlichsten Veranstaltungsorten wie in Showrooms oder auf Messen nach Corona fester Bestandteil der Kommunikationsstrategie vieler Unternehmen sein werden. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass durch eine digitale Erweiterung die Teilnehmeranzahl vergrößert werden kann. Des Weiteren kann durch ein gezieltes Targeting des Publikums und einer Lead-Verfolgung nach dem Event die Schlagzahl an Kontakten ein Vor-Corona-Niveau erreichen oder sogar übertreffen.
Mit dem OSPI-Netzwerk an Messen im Ausland teilnehmen
Das Octanorm-OSPI-Netzwerk wird weiter an Relevanz gewinnen. Mehr Austeller werden sich dazu entschließen, an Messen im Ausland teilzunehmen, da die internationalen Besucher im Heimatland ausbleiben. Unter dem Motto «Designed here – Built there» ermöglicht das Octanorm- OSPI-Netzwerk den ausstellenden Unternehmen, sich weltweit mit demselben Qualitätsstandard zu präsentieren. Das bedeutet gleichzeitig: Nachhaltig Bauen, mit System – weltweit!
Reiseverhalten der Firmen: Weniger ist mehr
Das Reiseverhalten vieler Firmen wird sich anhaltend drastisch verändern. Dadurch, dass weniger Mitarbeiter Messeveranstaltungen besuchen werden, werden Firmen eher dazu neigen Entscheidungsträger zu entsenden. Dies wird zwar zu einer geringeren Besucherzahl führen, jedoch die Besucherqualität steigern.
Weg vom Großevent, hin zum Fachevent
In den letzten Jahren war bereits, unter anderem durch das Ende der CEBIT, abzusehen, dass breitgefächerte Events rückläufige Besucherzahlen verzeichnen. Wir sind davon überzeugt, dass vermehrt Fachkongresse mit begleitenden Ausstellungsbereichen entstehen werden, um sowohl für Aussteller als auch für Fachbesucher den Nutzen der Teilnahme an der Veranstaltung zu erhöhen.
Business:to:Business vs Business:to:Consumer
Der 60. Caravan-Salon in Düsseldorf mit 185'000 (!) Besuchenden und 653 Ausstellenden aus 31 Ländern hat bereits im September 2021 in 13 Messehallen gezeigt, dass Business:to:Consumer-Messen unter Auflagen erfolgreich durchgeführt werden können. Nach unserer Einschätzung haben dennoch Business:to:Business-Messen, bei einer überschaubaren Anzahl an Fachbesuchern und genügend Sicherheitsabstand, die größere Chance, früher wieder an den Start gehen zu können. Dem Messebesucher sollte dabei der Messezutritt und -rundgang so angenehm wie möglich gestaltet werden. Die bisher durchgeführten Messen zum Re-Start im Herbst 2021 konnten als Erfolg verzeichnet werden.
Virtuelle Messen sind ein Etikettenschwindel
Virtuelle Messen sind keine Alternative für real stattfindende Veranstaltungen. Das war in den letzten Monaten deutlich erkennbar. Es fehlt dabei an echten Emotionen, zufälligen Begegnungen, spielerischer Usability und weiteren Faktoren, welche zum heutigen Zeitpunkt nicht oder nur mit hohem Budgetaufwand darstellbar sind.
Fazit: Renaissance der Messe im Marketingmix
Kein Videocall oder Livestream kann eine direkte Begegnung ersetzen. Der gesamte Erfolg der Messe beruht auf diesen physischen Begegnungen. Somit sehnen sich nicht nur Messebauunternehmen und Messeveranstalter nach einer sicheren Planung und Durchführung ihrer Events, sondern auch die ausstellenden Unternehmen. Messen sind im Marketingmix ein fester Bestandteil, der nicht nur zu Neukunden führt, sondern auch bestehende Geschäftsbeziehungen aktiv fördert. Für die Messebaubranche und für die gesamte Veranstaltungsbranche, wie auch für die ausstellende Wirtschaft ist es höchste Zeit, dass wieder Planungssicherheit gewährleistet werden kann!
3 Take Outs für deutsche Aussteller im Ausland
Bund und Länder unterstützen Messen mit Sonderfonds.
Auslandsmessen: Umfangreichste Förderung für Unternehmen seit 60 Jahren beschlossen. Unterstützung zielt auf den Mittelstand.
Messedaten finden.
*Die Autoren: Hans Bruder (links), und Benjamin Bruder, beide Geschäftsleiter, Octanorm, Filderstadt.
