XPONENTIAL Düsseldorf: «Warum wir über Verteidigung anders sprechen müssen»
- Urs Seiler
- vor 8 Stunden
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Verteidigung bei der Messe Düsseldorf? Lange Zeit schien das unvorstellbar – zu sensibel das Thema, scheinbar im Widerspruch zur zivil geprägten Messelandschaft der Stadt. Jetzt aber hat der Aufsichtsrat der Messe Düsseldorf grünes Licht gegeben. Wolfram N. Diener, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Düsseldorf, ordnet diesen Schritt ein.
von Wolfram N. Diener, Vorsitzender der Geschäftsführung Messe Düsseldorf || 23. Mai 2025

Die Messe Düsseldorf versteht sich als Raum für Innovation, Austausch und wirtschaftliche Orientierung. In einer Zeit, in der Sicherheit und Verteidigung wieder zentrale Themen europäischer Politik und Industrie sind, ist es konsequent, auch diesen Bereich in unser Portfolio aufzunehmen. Der Aufsichtsrat der Messe Düsseldorf hat sich am Donnerstag, den 22. Mai 2025, mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, dass die XPONENTIAL Europe – unsere europäische Leitmesse für autonome Technologien und Robotik – um das Themenfeld Verteidigung erweitert werden kann. Ich begrüße dieses Ergebnis und möchte erklären, warum wir es für notwendig halten.
Die Einsatzmöglichkeiten von Drohnen und anderen unbemannten Systemen sind ungemein vielfältig. Zur Erstausgabe der XPONENTIAL Europe im Februar 2025 hatten wir den Bereich der Verteidigungstechnik bewusst ausgeklammert, obwohl viele autonome Technologien dort ihren Ursprung haben und erst später in den zivilen Bereich übertragen worden sind – zum Beispiel für Gütertransporte, technische Inspektionen, Vermessungen in der Landwirtschaft, Videoaufnahmen in der Filmbranche, Such- und Rettungseinsätze. Zahlreiche ausstellende Unternehmen haben uns während und nach der Premiere der XPONENTIAL Europe darauf angesprochen, die Messe – so wie die durch uns 2022 akquirierte Weltleitmesse XPONENTIAL in den USA – für Wehrtechnik zu öffnen. Diesen Schritt werden wir nun gehen.
Der Schutz von Menschen und die Verteidigung unserer Werte benötigen eine neue europäische Ausrichtung

Technologie, die der Abwehr von militärischen Angriffen dient, ist allerdings keine Technik wie jede andere auch. Ihre Verwendung, Entwicklung und wirtschaftliche Verbreitung unterliegen der Kontrolle durch die Regierung und parlamentarische Gremien. In der Öffentlichkeit werden diese Themen politisch, ethisch und emotional diskutiert, insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Konflikte weltweit.
Gleichzeitig zeigt die sicherheitspolitische Entwicklung in Europa, dass Verteidigung, Abschreckung von potenziellen Angreifern und Schutz der Bevölkerung wieder stärker ins Zentrum politischer und wirtschaftlicher Strategien rücken. Entsprechend wächst der Informations- und Austauschbedarf innerhalb der Industrie – und damit auch das Interesse an entsprechenden Fachmessen mit dem Fokus auf Innovationen.
Digitale Innovationen verändern die Verteidigungstechnik
Die Verteidigungsindustrie hat besonderen Bedarf nach einer solchen Austausch-Plattform, denn sie durchläuft eine tiefgreifende Transformation. Künstliche Intelligenz, Robotik, autonome Systeme, Cyberabwehr – die Technologien von heute sind oft Dual-Use. Sie lassen sich zivil wie militärisch nutzen. Und sie werfen neue Fragen auf: nach Regulierung, nach Kontrolle, nach Verantwortung. Die XPONENTIAL Europe in Düsseldorf wird dabei mehr sein als eine reine Produktschau. Sie ist der Knotenpunkt für den Austausch zwischen Forschung, Industrie, Politik und Regulatorik. Denn dort, wo Technologie neue Räume erschließt, braucht es Dialoge und Debatten über ihren Nutzen und ihre Risiken. Das gilt für Verteidigungstechnik erst recht.
Demokratien sind verwundbar

n den demokratischen Staaten Europas herrscht ein breiter Konsens, dass die europäische Sicherheitspolitik einer neuen gemeinsamen Ausrichtung bedarf. Nach dem 2022 verabschiedeten Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro hat der Deutsche Bundestag Ende März beschlossen, Verteidigungsausgaben ohne Einschränkung durch die Schuldenbremse massiv zu steigern. Die Abgeordneten stimmten den dafür nötigen Grundgesetzänderungen mit Zweidrittelmehrheit zu.
Auf dem informellen Treffen der NATO-Außenminister Mitte Mai im türkischen Antalya sprach sich Bundesaußenminister Johann Wadephul erstmals für eine Anhebung der deutschen Verteidigungsausgaben auf insgesamt fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus – 3,5 Prozent klassische Verteidigungsausgaben und 1,5 Prozent für militärisch nutzbare Infrastruktur. All diese Maßnahmen wirken wie ein Konjunkturimpuls für technologie- und baunahe Branchen. Hersteller, Zulieferer und Dienstleister profitieren davon ebenso wie innovative Start-ups und Institutionen aus Wissenschaft und Forschung.
Düsseldorf positioniert sich als verantwortungsvoller, transparenter Dreh- und Angelpunkt der Zeitenwende
Für den Aufbau der neuen europäischen Verteidigung wird die XPONENTIAL Europe künftig ein wichtiges Forum sein. Düsseldorf kann sich so als verantwortungsvoller, transparenter Dreh- und Angelpunkt der Zeitenwende positionieren – und zugleich wirtschaftliche Chancen nutzen. Der internationale Messestandort wird weiter gestärkt und langfristig zahlreiche Gäste anziehen, die die regionale Wirtschaft antreiben.Die Vorteile, sich für Verteidigung zu öffnen, sind vielfältig Und sie folgt einem klaren Selbstverständnis: Die Messe Düsseldorf übernimmt Verantwortung. Wir setzen uns ein für technologische Innovationen, für wirtschaftliches Wachstum, für gesellschaftlichen Zusammenhalt, für den Schutz der Menschen und der Umwelt. Die Verteidigung unserer Werte und unserer Demokratie bildet dafür die Grundlage.